haha, radball doch nicht ganz "sauber"
Von enrico werner, Quelle: http://www.mz-web.de/sport-halle-saalek ... 30966.html
Zscherbens Nachwuchs-Team startet am Wochenende bei der deutschen Meisterschaft und will einen Schwindel aus dem Vorjahr vergessen machen. Damals wurde ein Sportler im Spielerbogen ein Jahr jünger gemacht und hätte nicht mehr im Junioren-Bereich starten dürfen.
Halle (Saale)/MZ.
Als Ende März beim RSV Zscherben Post aus Frankfurt (Main) eintraf, war Michael Gerdes klar, was die Fracht beinhaltete. Endlich konnte der Trainer seinen Nachwuchs-Radballern Anthony Zöller und Tom Herrmann die Anerkennung zukommen lassen, die sie verdienten. Sie waren bei der deutschen Meisterschaft der Jugend im U-17-Bereich 2013 Vierte geworden und erst später nachträglich auf den dritten Rang vorgerückt. Jetzt, fast ein Jahr später, waren die Bronzemedaillen also endlich in der Post. Das Ende eines jahrelangen Betrugs.
Denn wie die beiden Zscherbener zu diesen Erfolg kamen, ist bedenklich. Das Duo Tristan Brokat und Christian Kramer vom RSV Gifhorn hatte 2013 den zweiten Platz belegt. Doch erst später kam raus: „Christian Kramer wurde im Spielerbogen ein Jahr jünger gemacht. Er hätte nicht mehr im Junioren-Bereich starten dürfen“, erklärt Marco Rossmann vom Bund Deutscher Radfahrer. Die Vorteile liegen auf der Hand. „Radball ist sehr körperlich. Man verschafft sich einen spürbaren Vorteil“, so Rossmann.
Langjährige Täuschung
Doch die Meisterschaft 2013 war nur die Spitze des Eisbergs. „Der Betrug lief seit fünf Jahren“, berichtet Rossmann, „wir konnten uns nicht vorstellen, dass so etwas möglich ist. Das war eine bewusste Täuschung.“ Und Zscherbens Trainer Michael Gerdes meint: „Da ist man einfach fassungslos.“ Denn aufgefallen war der Betrug keinem. „Es gab nie eine Kontrolle, ob die Spieler-Angaben wahrheitsgemäß waren“, bestätigt Rossmann.
So wurde der Gifhorner Betrug auch nur durch Zufall entdeckt. Ein Aktiver aus dem Landesverband Niedersachsen hatte Verdacht geschöpft und meldete dem Dachverband seine Vorahnung.
Die Folgen sind schnell erzählt. Der betreffende Spieler wurde im September 2013 für ein Jahr gesperrt. Dazu wurden alle seit 2012 erkämpften Erfolge aberkannt. So auch der zweite Platz bei der deutschen Meisterschaft 2013.
Und weil dieser Vorfall ein Einzelfall bleiben soll, reagierte der Verband. „Wir mussten die Lizenzanträge modifizieren. Wir konnten den Landesverband und den Verein nicht bestrafen, weil es bisher keine Pflicht war, die Altersangaben zu überprüfen. Jetzt haben wir aber die rechtliche Handhabe, um die Vereine in die Pflicht zu nehmen“, erklärt Rossmann.
Wer steckte dahinter?
Besonders tragisch: „Es liegt auf der Hand, dass die Radballer die Entscheidung, das Alter zu manipulieren, nicht selbst getroffen haben“, erklärt Rossmann. Dass der Verein von dem Vorgang nichts wusste, hält Gerdes für fragwürdig. Auch die Eltern der Gifhorner Radballer waren wohl nicht unbeteiligt. Rossmann bestätigt das: „Das ist ein von den Eltern erzwungener Erfolg. Das ist schon traurig.“
Lange darüber nachdenken will man beim RSV Zscherben aber nicht. „Wir sehen das sportlich und blicken nach vorn“, so Trainer Michael Gerdes. Gleichzeitig schwingt aber auch ein wenig Wehmut mit. „Es ist klar, dass uns was genommen wurde.“ Er verweist auf die fehlende Siegerehrung. Dazu kommt, dass die Nachwuchs-Radballer aus Zscherben nach dem vermeintlichen vierten Platz erst einmal wieder motiviert werden mussten. „Es war schwierig, die Jungs wieder aufzubauen.“
Neuer Anlauf für Zscherben
Aber das ist abgehakt. „Das hat keine bleibenden Schäden hinterlassen“, weiß Gerdes. Denn: Der 17-jährige Anthony Zöller und der 16-jährige Tom Herrmann haben am Wochenende die Chance, sich neu zu beweisen. Sie stehen für den RSV Zscherben wieder im Finale der deutschen Meisterschaft. Zum vierten Mal in Folge. 2014 zum ersten Mal im Junioren-Bereich. Und chancenlos sieht Gerdes seine Jungs im Finale der acht Teams in Goslar nicht. „Das ist ein sehr starkes Teilnehmerfeld, aber wir haben die Top fünf als Ziel vorgegeben. Medaillen werden aber schwierig.“
Ob Gerdes noch Groll gegen den RSV Gifhorn hegt? „Nein, wir haben uns im Halbfinale im April, bei dem auch ein Gifhorner Team am Start war, ganz locker unterhalten. Da herrschte keine schlechte Stimmung.“