Spiegel-Artikel über David Schnabel

Alles rund um´s Kunstradfahren

Spiegel-Artikel über David Schnabel

Beitragvon Headi » Mo 29.11.2010, 11:56

Spiegel-Online hat vor wenigen Tagen einen Artikel über David Schnabel veröffentlicht. Im Kasten daneben wird sowohl Kunstradfahren als auch Radball kurz erläutert.

Der auf dem Fahrrad turnt

David Schnabel fährt Fahrrad - aber nicht irgendwie. Er hüpft vom Sattel auf den Lenker, hebt ab zum Handstand, dreht sich um die eigene Achse: Der 26-Jährige ist zurzeit der weltbeste Kunstradfahrer. Bei der WM in Stuttgart könnte er sich den Titel zum fünften Mal holen.

Das Fahrrad von David Schnabel dürfte in jeder Verkehrskontrolle durchfallen. Kein Vorderlicht, kein Rücklicht, keine Klingel, nicht einmal Bremsen. Wozu auch? David Schnabel braucht das Zubehör nicht, um sicher im Sattel zu sitzen - was der 26-Jährige allerdings selten tut. Meist steht er darauf. Oder turnt über den Lenker, macht Handstand, fährt rückwärts, springt vom Sattel auf den Lenker. "Wer bremst", sagt Schnabel ohne ein Spur von Ironie, "der verliert." Das gelte auch im Kunstradfahren. Er muss das wissen. Am Wochenende in Stuttgart will er zum fünften Mal Weltmeister werden. Der Bursche aus Niedernberg, gelegen am Main.

Dort ist Schnabel, geboren am 24. November 1984 in Alzenau-Wasserlos, aufgewachsen. Der idyllische Ort mit vielen alten Fachwerkhäusern liegt zwischen Odenwald und Spessart. Wahrzeichen von Niedernberg ist der 44 Meter hohe Wasserturm "Langer Adam". 1095 wird Niedernberg das erste Mal urkundlich erwähnt, heute zählt die Gemeinde rund 5000 Einwohner. Das Angebot an Vereinen ist wohl so, wie man es für einen Ort dieser Größe erwarten darf. Es gibt unter anderem einen Angelcub und einen Brieftaubenclub mit dem Namen Reiselust. Aber es werden auch Fußball, Handball, Turnen, Ringen, Leichtathletik sowie Volleyball angeboten.

David Schnabel jedoch landet im Alter von neun Jahren beim Radsportverein Germania. "Ich habe damals viel Blödsinn mit dem Rad auf der Straße gemacht, da wollten mich meine Eltern lieber in der Halle sehen." Dass er einmal der beste Kunstradfahrer der Welt werden würde und Weltrekordhalter, das war für den jungen David damals weder Traum noch großes Ziel. "Ist alles viel zu weit weg gewesen", erinnert er sich: "Das hat sich erst mit der Zeit ergeben."

Erster Titel gleich beim WM-Debüt

Er hat viel dafür tun müssen, ganz nach oben zu kommen. "Es sieht vielleicht gar nicht so schwer aus, auf dem Lenker oder Sattel zu stehen und rückwärts zu fahren", sagt Schnabel, "aber es dauert schon drei bis vier Jahre, bis man diese Übung in sein Programm aufnehmen kann." Natürlich sind Stürze in seiner Karriere nicht ausgeblieben. Aber man lerne schon als Kind das richtige Fallen und Abfangen und er sei auch nur einmal wirklich schwer verletzt gewesen.

Er ist 17, als er sich eine Sitzbeinknochensplitterung zuzieht und pausieren muss. Das Malheur passiert ihm im Februar 2001. Für dasselbe Jahr finden sich auf Schnabels Website unter der Rubrik "Meine Erfolge im Kunstradfahren" indes nicht nur der Eintrag "Deutscher Jugendmeister", sondern auch "Aufstieg in die Hessen-Oberliga (Ringen)" sowie "1. Kreisliga Miltenberg Sieger (Tischtennis)". Beide Sportarten betreibt Schnabel nicht mehr. Vor allem das Ringen sei zeitlich nicht mehr mit seiner Arbeit und dem Kunstradsport vereinbar gewesen, sagt er.

Was folgt, ist sein langsamer Aufstieg in die Weltelite. 2005 darf Schnabel dann zum ersten Mal bei den Männern um den WM-Titel mitfahren - und triumphiert. "Erst im Jahr danach habe ich gemerkt, was das bedeutet und dass es schwieriger ist, einen Titel zu verteidigen, denn man kann ihn schließlich verlieren." Er siegt erneut und ist auch 2008 und 2009 wieder der Beste. Nur 2007, es ist jene Saison, als er zum RV Adler Soden wechselt, muss sich Schnabel mir Rang zwei begnügen. Nun also will er in Stuttgart zum fünften Mal ganz oben stehen. Und er, an dem auffällt, dass nichts wirklich auffällt, ist auch in dieser Saison der Fahrer, an dem sich die Konkurrenz orientieren muss. Wie Florian Blab vom RVI Ailingen, Vizeweltmeister 2006, 2008 und 2009 - womit schon viel über die Dominanz der Deutschen in diesem Sport gesagt ist.

Kunstradfahren kommt nach Ringen

Schnabels Deutscher Rekord, aufgestellt bei den Deutschen Meisterschaften in Hamburg Ende Oktober, liegt bei 206,73 Punkten und wird nur deshalb nicht als Weltbestmarke anerkannt, weil kein internationales Kampfgericht zugegen war. In Stuttgart wird Schnabel dieselbe Kür nach ausgewählter Musik von den Bands The Corrs und Savage Garden fahren. Fünf Minuten, in denen er maximal 30 Übungen zeigen darf. "Ich habe das Programm ziemlich ausgereizt, da geht nach oben nicht mehr viel an Punkten", gibt er zu und überlegt, "den Kommissären nach der WM vielleicht eine neue Figur vorzuführen". Aber erst einmal hat der Titel Vorrang.

Freilich: Niedernberg wird danach nicht zu Schnabelberg, sollte er ein weiteres Mal triumphieren. Im Ort sei man zwar "stolz, einen Weltmeister zu haben, aber Fußball und Ringen haben Vorrang", sagt Schnabel realistisch.

Natürlich gestaltet sich da die Suche nach Geldgebern schwierig, WM-Titel hin oder her, selbst wenn das handgefertigte Wettkampf-Rad von einem Förderer finanziert wurde. Doch Kunstradfahren ist eben nicht olympisch, weil es in zu wenigen Ländern betrieben wird. Und nicht zuletzt leiden er und seine Konkurrenten auch unter dem Doping-Image des Straßenradrennsports. "Es ist noch nie ein Kunstradfahrer des Dopings überführt worden. Doch Sponsoren fallen weg und es ist schwer, neue zu gewinnen."

Schnabel aber wird weitermachen. Ab und an ist er auf Veranstaltungen unterwegs wie zuletzt in Lübeck bei einer Sportler-Gala. Oder er fährt auf einem Crossbike einfach raus in die Natur, wenn ihm sein Job als Sachbearbeiter in einer Spedition die Zeit dazu lässt. Das Crossbike sei "verkehrstauglich", scherzt er, "und natürlich habe ich dann auch einen Helm auf."

http://www.spiegel.de/sport/sonst/0,1518,730309,00.html
Wer Wind sät, wird Sturm ernten...

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