von Headi » Mo 21.03.2011, 09:54
Radballbericht von Heinz-Dieter Kuhlmann
Überraschender Deutschlandpokalsieger Radball Elite: RSG Ginsheim
War das ein Paukenschlag zum Auftakt der Quali-Saison zur Radball-Weltmeisterschaft 2011! Weder der Radball-Weltmeister und Titelverteidiger RV Gärtringen noch der Deutsche Meister 2010 SV BG Ehrenberg konnten sich für die Pokal-Endrunde qualifizieren, sondern die "ewige Nr. 2" RSG Ginsheim mit Roman Müller und Marco Rossmann konnten sich den Titel 2011 ergattern. Schon vielfach als "Vizeheim" ähnlich wie im Fußball bei Leverkusen betitelt, holte sich das Team vom Altrhein nun endlich einen bedeutenden Radballpokal. Lange ist es her, daß nach der Junioren-EM 1999 und dem Europacup U 23 im Jahre 2002 der Briefkopf der RSG Ginsheim nicht geändert wurde.
Aber was war das für ein Nervenkitzel im finalen Endrundenspiel RSG Ginsheim gegen RVS Obernfeld, beide Teams spielten ein Riesenturnier und waren noch ungeschlagen, Obernfeld allerdings brauchte allerdings einen Sieg zum Titel, weil man in der Vorrunde im Spiel gegen SV Eberstadt mit 1:1 schon Punkte gelassen hatte. Schon in der 2. Spielminute schaffte RSG Ginsheim die 1:0-Führung, als Rossmann links beide Gegner versetzte und den Querpass zum Partner Müller schaffte. Bei seinem Schuss zersprang eine Speiche im Vorderrad lautstark (diese wird sicher im RSG-Archiv verewigt). Ginsheim spielte weiter verhalten auf Angriff, aber auch Obernfeld wurde stärker und hatte allein in der 1. Halbzeit vier Riesenchancen, ehe es doch Andre Kopp gelang, das 1:1 zu erzielen. In der 2. Hälfte stand Obernfeld unter Druck: Sieg gleich Titel, remis halten bedeutet Platz 2 und Niederlage sogar noch ein Entscheidungsspiel gegen SV Eberstadt um Platz 2 (gleichzeitig EC-Teilnahme). Ginsheim hielt clever lange den Ball, Obernfeld riskierte mehr und schien Erfolg zu haben, denn es gab nach Rücksprache mit dem Spielbeobachter 40 Sekunden vor Schluß 4-Meter-Ball für Obernfeld. RSG-Präsident Karl-Heinz Müller an der Bande zitterte: "Schon wieder Vize". Aber Andre Kopp vergab die Penalty-Chance seiner Laufbahn und knallte den Ball an die Hüfte von Keeper Roman Müller. Der letzte Eckball für Obernfeld kam zu hoch herein und damit war die RSG Ginsheim Deutschlandpokalsieger 2011. Zusammen mit RVS Obernfeld vertreten die Südhessen den BDR beim Europa-Cup Elite am 28.05.11 in Lauterbach (wie Bundestrainer Jürgen King so gut formulierte: "Im schönsten Ort Deutschlands").
Wo waren an diesem Tage die Favoriten? Hat dieses Finale einen Generationswechsel im deutschen Radball eingeläutet? Im Finale standen mit RVS Obernfeld und RMC Stein immerhin die jüngsten Mannschaften des 8er Feldes. Nicht vorteilhaft war, die Vorrunde auf 2 Spielflächen auszutragen. Die Gruppe 1 fand eigentlich "unter Ausschluss der Öffentlichkeit" statt, nur beachtet von den 4 beteiligten Teams und deren Betreuer, ein Tatbestand, den die 4 Finalisten so nicht verdient haben. Das gesamte Interesse in der Halle galt dem "Center Court", in dem die Hammergruppe inclusive dem Heimteam und Titelverteidiger RV Gärtringen spielte. Es wurde eine Vorrunde gespielt, die es an Klasse und Dramatik so noch nie gegeben hat. Den gewissen Kick brachten die Kopps aus Obernfeld zustande, die alle 3 deutschen WM-Aspiranten schockten. Krake Andre Kopp im Tor hatte seine Tentakeln wirklich überall und Manuel Kopp deckte brutal gut ab. Mit dem leistungsgerechten 1:1 gegen SV Eberstadt im Rücken machten die Eichsfelder ein Riesenspiel gegen Weltmeister RV Gärtringen und brachten mit 2:1 Toren das Heimteam in Zugzwang und sich selbst schon fast in die Endrunde. Sogar Vorrundenrang 1 wurde es, denn auch der Deutsche Meister SV Ehrenberg (Rico Rademann wurde vor wenigen Tagen Vater einer Tochter) fand kein Mittel zum Sieg, also ging es zwischen SV Eberstadt und RV Gärtringen nur noch um Platz 2, den "Turtles" reichte ein remis. An diesem Tage war beim Weltmeister wirklich "der Wurm drin" und mit 3:5 Toren ging man selbst niedergeschlagen von der Fläche und auch die Stimmung in der Halle bekam einen Dämpfer.
In der anderen Gruppe dominierte die RSG Ginsheim klaren Erfolgen deutlich und hatte für die Endrunde den gewissen Vorteil, daß man den 5:2-Dreier zum Auftakt gegen RMC Stein mit in die Endrunde nehmen konnte. Finalneuling RKV Denkendorf hatte nur im 1. Spiel gegen Ex-Meister RSV Zscherben Chancen auf Punkte. Das entscheidende Match um Rang 2 sicherte sich RMC Stein dank einer 5:2-Pausenführung am Ende klar mit 7:4 Toren über RSV Zscherben.
Ähnliche Bilder in den Platzierungsspielen, deren Paarungen so nicht erwartet wurden. RV Gärtringen legte gegen RKV Denkendorf zur Pause ein 4:0 vor und verwaltete die Führung zum 6:3-Sieg, aber der verkorkste Tag wurde dadurch nicht mehr gerettet. Vielleicht ein Warnzeichen zur rechten Zeit für Matze und Uwe. Auch Ehrenberg machte mit 3:0 zur Pause gegen Zscherben im Ost-Derby schon fast alles klar. Am Ende gab es ein lockeres 7:5 für die Thüringer.
In der Endrunde hatte die RSG Ginsheim mit dem Dreier über RMC Stein die besten Karten und diese Position bewirkte, daß man im Duell der Trainingspartner gegen SV Eberstadt den Gegner agieren lassen konnte und auf deren Fehler wartete. So geriet Ginsheim nie in Rückstand und brachte mit 3:2 Toren den Pokalsieg in greifbare Nähe und mit 6 Punkten den Europa-Cup perfekt. Nun zog auch RVS Obernfeld nach, aber der knappe 2:1-Erfolg nach 2:0-Pausenführung war immer in Gefahr, denn die Franken waren superschnell auf dem Rad. Im Duell der puren Angriffsradballer Eberstadt gegen Stein gab es endlich reichlich Tore zu beklatschen und mit dem 8:4 hatte Eberstadt noch die kleine Chance über ein Entscheidungsspiel auf dem Treppchen noch eine Stufe höher zu klettern, aber das verhinderte Obernfeld mit dem bereits erwähnten Nervenkitzel gegen den neuen Pokalsieger Deutschlands.
Bei diesem Finale auf 2 Spielflächen in der Vorrunde waren nur 4 Kommissäre eingesetzt. Das bedeutet, daß dort ohne Spielbeobachter agiert wurde. Die vielen Reklamationen Ecke oder aus, wo die Spieler fairer weise die Wahrheit gesagt haben, darf es bei der zweitwichtigsten Radballentscheidung in Deutschland nicht geben.
Gibt es denn noch andere Meinungen zum Deutschlandpokal-Finale?