Von meinem Sohn Torsten mit dieser Frage konfrontiert habe ich mich zwecks Vorbereitung auf die zu erwartende Diskussion mit ihm über diese Frage zuerst im Radball-Forum schlauer machen wollen. Mit Erstaunen habe ich dabei festgestellt, dass neben den scheints unausweichlichen Beiträgen der humoristischen Art auch Interesse besteht an einer sachlichen Diskussion. Nach über 35 Jahren Arbeit für den Radballsport schon etwas verwunderlich für mich, da früher, jetzt und wahrscheinlich auch in Zukunft immer noch Radballmaschinen und Radball-Lenker ohne Angabe der Lenkerform bestellt werden. Schmale Lenker allein sind doch das Maß aller Dinge, egal ob die Spieler dann auch damit zurecht kommen.
Die wenigsten mit Radball-Sport Beschäftigten scheinen sich Gedanken darüber zu machen, welche Faktoren den Schuß, die Schußkraft, die Standsicherheit und Wendigkeit beeinflussen. Warum auch, es gibt keine dementsprechende Literatur darüber und auch im Lehrgangswesen redet man über andere Dinge. So wird im Verein trainiert wie bisher schon immer, der neue Lenker soll’s dann bringen. Dies sind keine guten Voraussetzungen für eine vernünftige Weiterentwicklung des Radball-Sports.
Dabei sind die Anforderungen an einen Lenker so vielschichtig wie die Sportler es selbst sind. Vorder- oder Hintermann, groß oder klein, Kraftprotz oder das Gegenteil davon, schnell oder langsam, technisch perfekt oder nur fleißiger unbegabter Arbeiter auf dem Spielfeld, langjährig ausgebildet oder nur Hobbyspieler, oder gar Anfänger im Nachwuchsbereich. Nicht wenige Spieler haben große Probleme im Zeigefinger-Daumen-Bereich die ärztliche Behandlung erforderlich macht, andere Spieler kennen nichts dergleichen. Es kann keinen Lenker als Ideallösung für alle diese Varianten geben.
Der „neue“ Radball-Lenker von WALTHER bietet Lösungsmöglichkeiten in dieser Problematik. Und was ist daran anders? Es gab und gibt keinen Grund zur Änderung der Grundform speziell im unteren Bereich. Die V-Form kommt speziell dem Hintermann zugute, er kann sich im freien Stand an der unteren Lenkerschräge abstützen anstatt nur am unteren Biegeradius wie bei der U-Form. Die Änderungen liegen in der sogenannten Griffebene, also nach der 2. Biegung, die Holme gehen in verschieden wählbaren Richtungen nach oben. Wir haben Lenker die wie bisher nach außen gehen, die parallel oder auch nach innen geneigt sind.
Die nach innen geneigten Lenker sind speziell für junge Spieler entwickelt, die beim Schuß stark durchziehen (schlenzen) und den Lenker überdrehen. Die außenliegende Hand verliert dabei wesentlich später den Holm, der Drehwinkel erweitert sich. Spieler mit Zeigefinger-Daumen-Problemen können mit negativer Holmstellung Besserung erreichen. Ein Großteil der Spieler wünscht aber nach wie vor Lenker mit nach außen gehenden Holmen, keine Frage dass auch diese Lenkerform im Programm bleibt. Selbstverständlich, dass im Schülerbereich ein spezieller kleinerer Lenker vorhanden ist.
Die Änderung der Holmstellung in der Griffebene verlangt eine andere Definition der Lenkerbreite. Diese wurde jahrzehntelang am oberen Lenkerende gemessen, was bei negativer Stellung keinen Sinn mehr macht. So wurde die jetzt gültige Messebene festgelegt auf die Lenkerbreite nach Ausgang der 2. Biegung. Diese Lenkerbreite Mitte Rohr gemessen zusammen mit der Holmstellung nach außen (positiv) oder parallel, oder nach innen geneigt (negativ) ergibt die Kenngröße für die Lenkerauswahl.
Dass die Lenkerbreite an sich auch bei uns schmäler geworden ist ändert nichts an meiner Überzeugung, dass zu schmale Lenker zwar extreme Drehungen zulassen, im Schuß und Stand aber problematisch sind. Ich habe genug Spiele gesehen, bei denen der Spieler immer noch dreht, der Gegner aber schon lange ein Tor geschossen hat. Wenn ich Tanzknöpfe sehen will, gehe ich zum Tanzen, nicht zum Radball-Spiel.
Wie von meinem Sohn Torsten im „radball-forum“ bereits mitgeteilt, sind zur Zeit über 100 Lenker sortiert auf Lager, weitere 150 werden in ca. 3 Wochen dazu kommen. Ich gehe davon aus, dass die Lenker zur Auswahl für den Kunden in Bälde auf meiner Homepage zugänglich gemacht werden. Der Kunde kann sich schon heute in dieser Liste, die aktualisiert im Büro vorliegt, seinen Lenker aussuchen oder dazu beraten lassen.
WALTHER – Lenker haben zu den Konkurrenz-Lenkern wesentliche Qualitätsunterschiede. Sie bestehen nicht aus nahtlosem Stahlrohr St 37 weichgeglüht, sondern aus hochfesten Rohren, deren Festigkeit im weichgeglühten Zustand schon doppelt so hoch ist. Rohre dieser Festigkeit sind äußerst schwierig in der Bearbeitung, stellen Ansprüche an die Werkzeuge und Biegevorrichtungen, verlangen über den gesamten Fertigungsbereich eine konsequente Einhaltung der Warmbehandlungsvorschriften. Rohrbiegungen an Lenkerrohren verursachen wegen der engen Biegeradien eine Umformarbeit von über 30% (Kunstlenker bei 40%), die den Werkstoff an die Grenze seiner Verformbarkeit führt. Es entstehen dabei extreme Spannungen, da der Werkstoff im äußeren Biegebereich gedehnt, im inneren Bereich gestaucht wird. In der Mitte der Biegung, der sogenannten neutralen Faser und am Anfang und Ende der Biegung liegen sich weichgeglühter und verformter Werkstoff voll innerer Spannungen gegenüber. Diesem Gefügezustand im Werkstoff wird die im Spielbetrieb noch auftretende Belastung zusätzlich aufgesattelt. Bei Biegungen wie in der Stellungnahme im „radball-forum“ als einer Verbesserung durch Kaltverfestigung im positiven Sinne zu reden, ist blanker Unsinn. Rohre mit 25 mm Durchmesser können ohne Vorrichtung mit innerer Abstützung nicht gebogen oder nachgebogen werden, es sei denn man nimmt Abflachungen oder Faltenbildung in Kauf.
WALTHER-Lenker werden nach dem Biegevorgang einer speziellen Warmbehandlung unterzogen, sie werden zuerst spannungsarm-, dann lösungs-geglüht, abgehärtet und angelassen auf hohe Festigkeit. Die für die Belastung wesentliche Streckgrenze beträgt mehr als das 3-fache gegenüber den Konkurrenz-Lenkern. Das hochfeste, wesentlich teurere Ausgangsrohr, und die durchgeführte stundenlange Warmbehandlung im Vakuumofen ergeben Lenker in einer Qualität, die nicht mehr zu verbessern sind. Diese Anstrengungen, die meine Mitkonkurrenten nicht durchführen, haben ihren Preis den ich für meine Lenker für gerechtfertigt halte. Ob die Lenkerform dem jeweiligen Spieler gefällt, ist eine andere Frage, vielleicht hat er nur den falschen oder gar keinen ausgesucht.
Es gibt natürlich die Möglichkeit der Verwendung dickerer Wandstärke anstatt der Erhöhung der Festigkeitswerte. Dies geht immer zu Lasten der Elastizität und bedeutet einen deutlichen Abfall der Schußkraft und der Lebensdauer. Wenn ein Spieler damit zurecht kommt, ist ein anderer Lenker sicherlich kostengünstiger.
Ich habe die große Hoffnung, dass meine obigen Ausführungen ein wenig Nachdenklichkeit verursachen. Es bedarf zu einer Weiterentwicklung immer der Rückmeldung des Kunden, wie er mit einem Produkt zurecht kommt. Nicht nur motzen nachher, sondern Gedanken machen was besser gemacht werden könnte. Nicht für sich selbst als Einzelfall, sondern für den Radball-Sport insgesamt.
Torsten wird mich sicherlich auf dem laufenden halten über weitere Wortmeldungen. Ich selbst werde zurück gehen an die Front in der Praxis meiner Fertigung. Ich melde mich gerne wieder zu einem späteren Zeitpunkt, falls ich dies für erforderlich halte. Ihnen wünsche ich für die Zukunft viele gut geschossene Tore.
Mit freundlichem Gruß
Helmut Walther
Fahrrad Walther Offenburg